Harun hatte nach seiner kurzen Antwort ausgiebig gefrühstückt und den anderen interessiert, gelegentlich mit einem fragenden Gesichtsausdruck zugehört, allerdings nichts gesagt. Manchmal war der fragende Ausdruck nach kurzer Zeit einem verstehenden Ausdruck gewichen.

Als alle mit dem essen fertig waren räumte Cedric den Tisch ab und bereitete für alle frischen Tee oder Kaffee zu. Balian erhob sich und sah zu Candrisha.
"Ich würde gerne ein paar Dinge auf dem Deck mit dir besprechen." Da der Wolfsträger mittlerweile wusste, dass Candrisha etwas wackelig auf den Beinen war, bot er ihr hilfe an indem er sie im bedarfsfall stützte.
Bevor er den Essbereich verliess, schaute er noch zu seiner Herrin und nickte ihr zu.
Balian war froh, dass er Leandra am Abend der alles entscheidenden Schlacht gesagt hatte was er fühlte. Schliesslich hatte Mortem nach dem Abendessen verkündet, Dinge und Angelegenheiten zu regeln. In diesem Moment wurde dem Wolfsträger klar, dass dies vielleicht der letzte Abend war in dem er all seine Freunde noch sah. Die Anspannung vor de Beginn des Rituals war greifbar. Jeder bereitete sich anders auf all das vor, was danach folgte. Balian schüttelte den Kopf und warf die Bilder vor seinem Geistigen Auge ab. Die frische Luft an Deck tat gut. die Sonne war bereits wieder über dem Zenit und begann wieder langsam aber stetig zu sinken.
Die See war ruhig und das Schiff glitt beinahe Geräuschlos über das Wasser.

Balian setzte sich mit dem Rücken zur Reling und sah Candrisha an.
"Es wurde mir mitgeteilt dass du dich unsicher und ziellos fühlst. Wie kommt es dazu?" Seine Worte klangen beruhigend und doch etwas neugierig.

Harun war ebenfalls an Deck gegangen, hatte aber wahrgenommen, dass Balian mit Candrisha reden wollte und hatte sich entsprechend ans andere Ende des Decks bewegt, um den Beiden das nötige Maß an Ruhe zu ermöglichen. Er drehte sich zur Reling und schaute auf den Horizont.
Seereisen...
Fahren mit Schiff... wieda. Solange es nich wackeln zu sehr, es schon sein in Ordnung. Hier jedenfalls Strohsack sein groß und weich, das gut. Und Essen sehr lecker. Wie Balian machen das? Schiff sicha brauchen vieleviele Kupfa...

nachdem Harun eine Zeitlang vor sich hin sinniert hatte, war er langsam in Richtung der beiden "Wölfe" gegangen, darauf bedacht, sich wieder entfernen zu können, sollte das Gespräch persönlich sein.

Leandra hatte währenddessen ihren Kleidersack vor die Tür gestellt und Cedric gebeten diese zu reinigen. Wenn sie schon einen Hafen ansteuerten, dann wollte sie nicht riechen wie ein nasser Sack. Dann setzte sie sich wieder an den Schreibtisch und begann den Reisebericht zu schreiben.

Plötzlich bewegte sich etwas neben ihrer linken Hand… kleine goldene Funken und eine rote Note erschienen und verpufften wieder. An der gleichen Stelle lag nun ein Brief. Leandra erkennte sofort, dass es sich um einen Brief von Bella handeln musste. Sie nahm den Brief und drehte ihn einige Male zwischen den Händen, dann öffnete sie das Siegel und begann zu lesen. Sie musste lächeln. Sie faltete den Brief und legte ihn in ihre Schreibmappe, dann holte Sie sich eine Tasse von dem schwarzen Tee, den Cedric mit einem Klümpchen Zucker und einem Schluck Milch reichte. Sie ging an Deck und atmete die salzige Luft in tiefen Zügen.
Zurück in ihrer Kabine setzte sie sich an den Tisch, nahm Tinte und Feder Und verfasste eine Antwort für Bella. Sie las den Brief noch einmal, dann faltete und siegelte sie das Papier und gong zu ihrer Reisetruhe. Sie entnahmen eine kleine Schachtel, mit der sie sich wieder an ihren Tisch setzte. Leandra hob den Deckel ab und betrachtete das kleine Schmuckstück. Sie nahm den Brief in die Hand fokussierte sich auf den Anhänger und der Brief verpuffte in einer kleinen Flamme in ihrer Hand.
Sie saß noch einige Momente da, bis sie beschloss langsam wieder auf Deck zu gehen.

Nahe war sie bei Balian geblieben, für den Fall, dass sie das Gleichgewicht verlieren sollte. Die Tasse Tee in ihrer Hand war aus selbem Grund nur halbvoll. Trotzdem war sie froh, sobald sie sich wieder setzen konnte.
Kurz spannte sie sich an, bevor sie mit eine Seufzend die Schultern sinken ließ an und an Balian vorbei in den Himmel sah. "Mein Leben lang schien ich zu wissen, was zu tun ist. Nie fiel mir schwer, was ich tat. Nie habe ich mich verirrt oder geriet in ernste Probleme, die ich nicht selber provoziert hatte. Natürlich gab es viel, das ich lernen musste, aber immer wusste ich, wohin, nie hatte ich Zweifel an mir, an dem was ich tat. Jetzt hat meine Welt Meere, mehr Wasser als Land. Und ich... ich fühle mich verloren, weiß das erste Mal nicht, was ich tue. Oder auch nur, wo ich ansetzen soll. Kein Sturm machte mir je Angst oder konnte mich aufhalten. Ehrlich gesagt mochte ich den Gedanken, der Wind würde mit mir jagen. Hier bringt mich eine kleine Welle schon fast zu Fall."

Als sie Harun aus dem Augenwinkel auf sie zukommen sah, schenkte sie ihm ein kleines Lächeln.

Harun hatte das Lächeln wahrgenommen und als "es ist in Ordnung, da zu sein" interpretiert. Er hatte sich auf dem Deck niedergelassen und zunächst schweigend zugehört.

Balian hörte Candrisha zu. Als sie fertig erzählt hatte setzte er sich neben sie. "Du hattest eine Aufgabe. Eine sehr sehr wichtige noch dazu. Ein lange Zeit, soweit ich es verstanden habe, hattest du nur diese eine Aufgabe die nun vorbei und abgeschlossen ist. Diese neue Welt besteht nicht nur aus Wasser. Es gibt such sehr viel Land was ich dir zeigen werde..." Der Wolfsträger schaute nun auch nach oben zu den Sternen. " Es ist in Ordnung ab und zu nicht zu wissen was man tut, Candrisha. Selbst ich habe dies ab und zu. Und plötzlich befindet sich man wieder inmitten eines Abenteuers..." Er sah sie an und seine mine veränderte sich. Sorgen zeichneten sein Gesicht. "Es gibt auch Menschen und andere Wesen die uns jagen, sollten sie Kenntnis darüber erhalten wer wir sind. Doch dies ist zum Glück eine seltene Sache geworden. Du brauchst keine Zweifel zu haben, Candrisha. Sobald wir das Land und den Dunkelwald betreten wird der Wind wieder mit dir Jagen...Mit uns jagen." Er lächelte sie an und legte ihr beruhigend eine Hand auf ihre Schulter. Balian sah Harun. "Komm zu uns, kleiner Bruder!"

Ein wenig lehnte sie sich in die Berührung. Stirnrunzelnd legte sie dann aber den Kopf ein wenig schief. "Uns jagen? Warum? Worüber genau sollte sie denn Kenntnis erhalten?" Einmal schüttelte sie den Kopf, um die Gedanken etwas zu verscheuchen. Aufrecht und entschlossen sah sie von Balian zu Harun und zurück. "Was gibt es auf diesen Schiff zu tun? Wo kann ich mich nützlich machen und was muss ich dafür wissen oder lernen? Ich werde mich sicher niht zurücklehnen, solange wir auf dem Wasser sind. Gerade wenn wir noch eine Weile unterwegs sind."

Harun hatte bei "kleiner Bruder" erst die Stirn in Falten gelegt, dann verstehend gegrinst und sich letztlich zu den Beiden gesetzt.
"Aye. Du denken, es noch sein weit, kleine Bruder?" Wenn noch vielviel Zeit, ich vielleicht ma wieder versuchen ob nicht doch noch gekonnt spielen Flöte. Früher das gehen besser, aba dann erste Hauer fallen aus und neue wachsen nach und sein mehr groß. Das nich so praktisch..." Offenbar war dies etwas, was der Troll tatsächlich recht bedauerlich fand.
"Aba Hauer auch sein Stolz von Troll. Also schon sein ganz in Ordnung so."
Im letzten Satz schwangen ein Hauch Fatalismus und ein Hauch Stolz auf seine Zier nebeneinander.

¨"Es gibt immer wieder irgendwelche Menschen die sich Wolfsträger oder andere Wesen zur Belustigung halten oder diese auf Märkten zur schau stellen.
Vor ein Paar Winter gab es in Eridmea mehrere Jäger, die Selena, mich und ich glaube sogar Harun und Ria fangen wollten. Warum und wie diese Jäger auf uns gekommen sind weis ich bis heute noch nicht..."Sein Blick verfinstere sich. "Als wir gejagt wurden, schmälerte dies auch das Vertrauen der anwesenden Krieger, Magier, gelehrten und Freunde. Keiner wollte mit "Monstern" befreundet sein als die wir dargestellt wurden...Aber dies ist lange her.." Balian lächelte sie an und überlegte kurz, welche aufgaben er an Candrisha übergeben konnte.
"Nun zum einen muss das Schiff navigiert und gesteuert werden." Er wies mit der Hand zum Steuerrad. "Zum anderen ist es immer ratsam, oben auf dem Krähennest Ausschau zu halten, ob sich Piraten annähern oder sich Stürme am Horizont bilden." Balian zeigte nach oben zum Mast und dessen ende. "Auch muss der kleine Garten am Heck des Schiffes wieder einmal auf Vordermann gebracht werden. Cedric und ich hatten dazu beinahe keine Zeit." Der kleine Garten bestand aus mehreren Kästen die aneinander gereiht waren und platz für diverse Gemüsearten boten.
"Und sollten wir in einen Sturm geraten, so müssen die Segel eingeholt oder neu ausgerichtet werden dass der Mast nicht bricht oder die Segel reißen. Ansonsten stehen immer wieder kleinere Reparatur arbeiten an. Etwas Bauchschmerzen bereitet mir da ein kleines Leck im Laderaum. Es ist nicht schlimm, könnte aber bei einem Sturm grösser werden."
Harun Gesellte sich zu den beiden. Aufmerksam hörte der seinem grossen Bruder zu. "Nun ich denke, dass wir morgen gegen die Mittagsstunde im Hafen einlaufen werden. Von daher sollte noch etwas Zeit sein, mit der Flöte zu üben." Der Wolfsträger schmunzelte. "Ich habe dich noch nie gesehen, wie du übst aber etwas Musik würde sicher nicht schaden. Außerdem..." Balian besah sich den Hauer des Trolls und sah an sich herab wo die Halskette seines Bruders mit dem Milchzahn hing. "Wäre es schade wenn du wegen deinen Hauer nicht übst. Ich bin mir sicher, dass dies auch mit deinen grossen Hauer und etwas Übung funktionier.

Cedric war im Unterdeck zugange und kümmerte sich um die Wäsche seiner Gäste. Es wurde alles feinsäuberlich gewaschen und zum trocknen im Laderaum aufgehängt. Mit einem zufriedenen nicken verließ der schlanke Mann den Laderaum und tat sich daran, im Essbereich und den Schlafquartieren der Gäste zu wischen.

Ungläubig schüttelte Candrisha den Kopf. Nicht das erste Mal fragte sie sich, was im Leben solcher Menschen schief gelaufen sein musste. Mit finsterer Miene ballte sie die Fäuste. Als Belustigung, wie bekannt ihr diese Worte vorkamen. Sollte ihr einer dieser Monster, denn sie waren nichts mehr anderes, in die Finger kommen...

Einmal schüttelte sie den Kopf und lies sich dankbar von Balians Erklärung zu den Aufgaben auf dem Schiff von den düsteren Gedanken ablenken. "Navigieren und steuer? Na das überlasse ich doch besser jemanden, der davon wirklich Ahnung hat." Dieses Mal grinsend schüttelte sie den Kopf. Neugierig folgte sie mit dem Blick nach oben zu diesem Krähennest. Auch streckte sie sich, um den Garten oder das, was dieser einmal war zu betrachten. "Sobald ich hier unten sicher laufen kann, halte ich gerne Ausschau. Wie sieht es bei den Vorräten mit Medizin aus? Haben wir ausreichend für Krankheit und Verletzungen? Sicher könnten wir auch da etwas anpflanzen, wenn wir der Hafenmarkt etwas passendes her gibt." Kurz runzelte sie die Stirn. Lange war es her, dass sie dieses Wissen gebraucht hatte. Aber sie war sich sicher, dass es kommen würde, sobald sie mit etwas Ruhe sich damit auseinandersetzte.
"Ich habe keine Ahnung von den Segeln, aber ich helfe einfach, wenn es was zu tun gibt. Und was da Leck angeht, haben wir Wachs oder Pech um das dann auch richtig abzudichten?"

Begeistert sah sie zu Harun und nickte. "Du kannst Flöte spielen? Ja, Musika wäre wirklich schön. Ich hatte nie das Talent oder die Gedult selber was zu lernen, aber ich mochte Musik schon immer sehr gerne."

"Früha ich spielen ganz gut, ich denken." antwortete der Troll. "Aba dann Hauer wachsen und seitdem ich nich mehr kriegen Flöte richtich in Mund..."
Zur Bestätigung kramte der Troll eine Flöte aus Metall aus den Tiefen einer Gürteltasche und versuchte, diese anzusetzen.
Der Versuch war nicht von Erfolg gekrönt, die Luft zog seitlich an der Flöte vorbei, der Ton war nachgerade scheußlich.
"Schuldigung... Früher gehen besser..."
Ein gewisses Maß an Traurigkeit schwang mit.

Trotz der etwas schrägen Töne lächeltet Balian Harun an.
"Lass den Kopf nicht hängen, großer Bruder. Übe weiter und ich bin mir sicher das es klappen wird. Vielleicht finden wir im nächsten Hafen etwas, dass du auf die Flöte aufsetzen kannst. In gewisser weise..." Balian kratze sich am Kinn und bemerkte, wie viel Fell nachgewachsen war in den letzten Tagen. "Grosse Hauer und Trollgerecht."

Auf die Fragen von Candrisha hin musste Balian überlegen.
"Es gibt ein wenig Arznei, Verbände und getrocknetes Frostkraut. Aber allzu viel wird es nicht sein. Es gab bislang kein bedarf danach. Aber sicherlich wäre es ratsam etwas auf Vorrat zu haben. Aber dies wird deine Aufgabe sein. Ich glaube, dass dies genau das richte für dich ist." Balian stiess Candrisha leicht mit seiner Schulter an.
"Und ob wir Pech oder Wachs haben, da müsstest du Cedric fragen. Er ist da besser informiert als ich. Und was das Segeln anbelangt, da wird es sicherlich das eine oder andere Mal die Gelegenheit geben."