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Nachdem sich die ersten Aufregungen gelegt hatten, brach Candrisha Richtung Eridion auf. Sie murrte die gesamte Überfahrt und auch in der Hauptstadt angekommen besserte sich ihre Stimmung nicht unbedingt. Für einen Moment war sie versucht, dass Schiff direkt nach Ushnuk zurück zu nehmen, als sie das geschäftige Treiben, die Massen an Menschen und die schiere Größe der Stadt sah.
Mit einem Seufzen machte sich die Jägerin auf. Sie war aus einem Grund her gekommen und den würde sie nicht wieder verschieben. Etwas unsicher rückte sie Köcher und Bogen auf dem Rücken zurecht, während sie sich am Hafen umsah. Ohne sich auszukennen fragte sie sich schließlich zum Tempel durch. Einige Male musste sie die Richtung ändern oder ein paar Straßen zurück gehen. Bald war sie genervt. Sowohl von den nicht enden wollenden Menschenmengen, wie auch von den Blicken, die sie unweigerlich auf sich zog. Sie war nicht für die Stadt geschaffen, ihre Kleidung und sicher auch ihr Auftreten ließen daran keinen Zweifel.
Schlussendlich stand sie vor dem Pathortempel und sah beeindruckt zu dem Gebäude empor. Mit etwas Glück würde sie hier Pater Jonathan direkt antreffen. Mit weniger Glück könnte einer der Priester ihr den Weg zu ihm weisen. Dafür würde sie nur zuerst einen davon finden müssen.
Tul Gôrefest, tul Moskutar, gujan asga nadûr, ongrig graug!
Auch innerhalb des Tempels hob Candrisha sich von der Masse ab. Im Gebäude angekommen, erkannte sie, daß der erste Raum im wesentlichen ein heller geschäftig voller Vorraum war. Es gab ein Tresen an dem sich Leute anmeldeten, die offenbar für irgendetwas einen Termin hatten. Neben der Außenportal, durch das die Jägerin hereingekommen war, gab es in dem Raum drei weitere Ausgänge für die Gläubigen. Ein großer Torbogen war mit Gebetsraum/Meditation beschriftet, ein zweiter ähnlich großer Bogen führte in den Bereich 'Bibliothek/Skriptorium' und ein dritter kleinerer Ausgang war mit 'Lehre/Scholarium' bezeichnet.
Möge der Wind in Deinem Rücken nie Dein Eigener sein!
Eine Weile sah sich Candrisha das Treiben an. Dann stellte sie sich doch bei dem Tresen an. Hier jemanden auf eigene Faust aufspüren zu wollen wäre schlicht zu aufwendig. Und wohl auch unhöflich. Mehr oder weniger geduldig wartete sie, bis sie an der Reihe war und sich an den Priester vor ihr wenden konnte.
"Hallo, mein Name ist Candrisha. Und nein, ich habe keinen Termin und möchte keinen ausmachen für irgendwann. Ich bin auf der Suche nach Pater Jonathan, da ich ihn gern sprechen würde. Unser letztes Treffen wurde etwas... abrupt beendet."
Die Verwirrung war dem Mann ihr gegenüber anzusehen. War ihre Anfrage so außergewöhnlich gewesen oder hatte sie irgendeine Regel der Städtler missachtet? Als Hohepriester von Pathor sollte der Pater wohl im Tempel seines Gottes bekannt sein, also konnte es daran nicht liegen.
Tul Gôrefest, tul Moskutar, gujan asga nadûr, ongrig graug!
Was bei Pathors Tintenfleck am Daumen, will denn eine Candraschwester hier. Und dann möchte sie auch noch zu seiner Eminenz. OHNE TERMIN! Sind wir hier im Irrenhaus. Er schaute in eine dicke Terminkladde vor ihm. Seine Eminenz war tatsächlich vor Ort, was selten genug vorkam. Er lehrte derzeit eine Klasse arme Jugendliche lesen und Schreiben. Sie waren von einer Lady Esmeralda geschickt worden. Raubauken alle miteinander. Wer weiß was nachher alles fehlt.. Als Hohepriester..... Manchmal zweifelte Bruder Adrian echt an seinen Vorgesetzten. Andererseits war Pathor offensichtlich nicht unzufrieden mit seinem Priester, als war das wohl schon so in Ordnung. Er seufzte einmal schicksalsergeben, schrieb eine kleine Notiz ins Buch und eine weitere auf einen Zettel. Dann läutete er ein kleines Glöckchen. Ein junges Mädchen von vielleicht elf oder zwölf Jahren in einer geflickten Kinderrobe kam aus einer gut verborgenen Nische zu dem Priester gerannt. "Novizin Lisbet, ich bewundere Deinen Enthusiasmus für unserern Dienst, aber Du brauchst nicht rennen. Es wäre... unerwünscht, solltest Du jemanden umrennen. Hier, " er reichte dem Mädchen den Notizzettel, "bitte bringe Lady Candrisha in die Schule, Raum 17b. Emminenz Piraeus hält dort noch exakt sieben Minuten und dreiunddreißig Sekunden Unterricht. Sei pünktlich." Das Mädchen sah zu der Jägerin auf. "Hallo ich bin Lisbet, komm, wir müssen uns sputen." Schnellen Schrittes lief sie dem Schild Schule nach. Candrisha hatte aufgrund längerer Beine und ausreichend Training im Wald überhaupt kein Problem das Tempo zu halten. Zusammen flitzten die beiden aus dem Gebäude und durch einen gepflegten Garten mit diversen Stellen, wo man auf Bänken ausruhen konnte, schattigen Oasen wo man Lesen konnte, Etwas weiter weg eine Ort mit Liegestühlen für die Sternenbeobachtung. Dann näherten Sie sich einem anderen Gebäude nahe der Tempelmauer. Vor dem Gebäude war ein Spielplatz wo fröhlich Kinder tobten und spielten. Candrisha sah ein Apfelfass aus dem sich hungrige Mäulchen jederzeit eine Frucht nehmen durften und einen Springbrunnen, der Wasser gegen den Durst spendete. Als sie in dem Gebäude waren, ging es noch eine Treppe hoch und durch drei Gänge. Schon im Laufen zog Lisbet eine kleine Taschenuhr aus der Robe und zählte runter bei 14 hielt sie an einer Tür an. "Ha, rechtzeitig!" als sie bis auf null gezählt hatte und von drinnen gerade fröhlich die Stimme Jonathans erklang. "So, daß wars, tobt Euch draußen aus, in einer halben Stunde kommt Bruder Aloysius und zeigt Euch mehr Tricks mit Zahlen." Die Tür öffnete sich und eine Horde Kinder rannte an Candrisha und Lisbet vorbei. Hinter ihnen humpelte Jonathan auf seinen Stock gestützt langsam ebenfalls zur Tür. "Ihr habt acht Sekunden überzogen, Eminenz," krähte Lisbet begeistert. "... bekommt Ihr jetzt Ärger?" Jonathan nickte Candrisha lächelnd zu und wuschelte Lisbet durchs Haar. "Pathor ist ein verzeihender Gott und wird bedenken, daß ich schon älter bin, hoffe ich. Ich übernehme unseren Gast hier. Ab mit Dir." Genauso fröhlich wie die anderen Kinder rannte Lisbet auf den Spielplatz. "Jonathan sah immer noch lächelnd hinter her und schüttelte unmerklich den Kopf. dann wandte er sich der Jägerin zu. "Candrisha, meine Liebe, was ist so wichtig, daß Du dich in diesen Trubel stürzt?"
Möge der Wind in Deinem Rücken nie Dein Eigener sein!
Nur äußerlich ruhig wirkend wartete Candrisha ab. Sie würde sich nicht einfach abwimmeln lassen. Doch hoffte sie ebenso nicht auf die 'Ich gehöre zu den Schicksalschmieden und habe geholfen die Welt zu retten' Karte ziehen zu müssen. Gerade da sie sich nicht einmal sicher war, ob sie sich zu diesen zählen konnte. Schicksalschmieden kamen doch aus anderen Welten und waren daher in der Lage, hier große zu vollbringen. Oder konnte sich das auch auf Leute aus Eridmea beziehen?
Von dem Seufzen aus ihren Gedanken gerissen konzentrierte sich die Jägerin wieder auf den Priester vor sich. "Danke.", sie nickte ihm zu, um sich dann mit einem Lächeln an das Mädchen zu wenden. "Hallo Lisbet. Natürlich, ich folge dir." Staunend betrachtet sie diesen Teil der Tempelanlage. Sie hatte nicht erwartet, dass diese so groß sein würde. Da es sich um einen gepfleten Garten handelte, konnte sie sich ohne Sorgen in Gestrüpp hängen zu bleiben umsehen. Nach den Straßen war dieser Ort eine angenehme Abwechslung, auch wenn er für ihren Geschmack etwas zu gepflegt, zu geordnet war.
Etwas verduzt sah sie auf die kleine Taschenuhr in Lisbets Hand. Grinsend sah sie den Kindern hinterher. Es war schön zu sehen, dass es ihnen hier gut zu gehen schien. Ein leises Schnauben konnte sie sich dann doch nicht unterdrücken. Acht Sekunden überzogen. Sie schüttelte den Kopf. Wer rechnete schon so genau in Sekunden? Als würden acht Sekunden einen Unterschied machen.
Sobald Lisbet gegangen war, wandte sie sich Jonathan zu. Breit grinsend und mit absolut übertriebener Geste verbeugte sie sich. "Eure Eminenz. Solltet Ihr etwas Zeit für mich erübrigens, würde ich mich sehr freuen." Weiter grinsend stellte sie sich wieder normal hin. "Hätte ich von dem Trubel gewusst, wäre ich womöglich in Ushnuk geblieben. Aber wir sind dort etwas zu Ruhe gekommen und nachdem unser letztes Treffen etwas abrupt endete dachte ich, ich komm vorbei."
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Ebenso grinsend nahm Jonathan die Jägerin in die Arme. Für die Bezeichnung 'Eminenz' würde sie da durch müssen... "Ich freue mich dich zu sehen Mädel. Hoffentlich ist 'endete abrupt' nicht negativ. Lass uns in meine Gemächer gehen, da haben wir Ruhe, oder möchtest Du lieber im Garten flanieren? Auch dort gibt es diskrete Ecken, wo niemand unser Gespräch belauschen kann."
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Herzlich erwiederte Candrisha die Umarmung. "Naja, eine alles überziehende Eisschicht und das Enden von... was auch immer das war würde ich nicht als sonderlich positiv sehen. Aber nichts, dass sich gegen dich richten würde. Ich würde den Garten vorziehen. Wenn dir flanieren nicht zusagt, können wir uns dort auch gern eine Bank oder etwas in der Art suchen."
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"Eine alles überziehende Eisschicht, erzähle mir eine Geschichte..." Langsam traten die beiden aus der Schule. Jonathan genoß einen Moment die warme Sonne im Gesicht und das Lachen und Toben der Kinder auf dem Spielplatz. Dann führte er sie in einen anderen Bereich des Garten, offenbar eine Art Labyrinth aus hochen Hecken. Der Pater schwieg und hörte zu.
Möge der Wind in Deinem Rücken nie Dein Eigener sein!
Candrisha sah Jonathan ungläubig an und lachte dann auf. "Ich spreche vom letzte Mal, als wir am selben Tisch saßen. Die Taverne in dieser Astralraumtasche oder was das genau war. Als wir später noch einmal reden wollten und etwas unwirsch raus geschmissen wurden. Du erinnerst dich?" Die Frage war fast scherzhaft gestellt, doch musterte die Jägerin in von der Seite.
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RE: Verschobenes Gespräch
in nach dem RC 10 24.03.2024 23:47von Pater_Jonathan • 3.024 Beiträge
"Ah... diese Eisschicht. Ich dachte das hättest Du gar nicht so mitbekommen, weil Du schon draußen bei Balian warst." Mitten im Labyrinth gab öffnete sich Plötzlich eine etwa 10x10m große 'Lichtung' in deren Mitte eine reich verzierte Sonnenuhr stand und mehrere Bänke an den Rändern. Jonathan setzte sich auf eine der Sonne zugewandten. Die Eisschicht hatte ihn frösteln lassen. "Da ich in Eridion ausgekommen bin, wirst Du wohl einen anderen....Ausgang benutzt haben. Aber genug davon, was willst Du wissen?"
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"Wir saßen noch in der Taverne, als es angefangen hat. Wir sind dann nur ziemlich zügig verschwunden. Wir wurden nach Ushnuk gebracht. Ein paar wirklich besondere Inseln." Freude, Faszination und auch eine gewisse Zufriedenheit waren Candrisha deutlich anzusehen, bevor sie den Platz einmal musterte.
Nachdenklich setzte sie sich neben Jonathan. Wo sollte sie anfangen? Was könnte er ihr womöglich beantworten und worauf würde sie wirklich eine Anwort wollen? Mit einem Seufzen entschied sie sich für die, die sie schon länger beschäftigte. "Gibt es eine Möglichkeit, die Inseln mit dem alten Kontinent zu vergleichen? Zu bestimmen, welche Orte den Axtfall überstanden haben und welche im Meer versunken sind?"
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RE: Verschobenes Gespräch
in nach dem RC 10 25.03.2024 14:11von Pater_Jonathan • 3.024 Beiträge
Jonathan hatte die Augen geschlossen und das Gesicht der Sonne zugewandt. Plötzlich wirkte er viel älter, erschöpfter und in gewisser Weise zufriedener als vorher. Wie jemand der sein Lebenswerk vollbracht hatte. "Von Ushnuk möchte ich mehr hören, wenn Du erlaubst. Um Deine Frage zu beantworten. Nein es klappt nicht. Viele haben das bereits versucht, aber die Stücke passen nicht zusammen, einige fehlen ganz, zum Beispiel weil sie untergegangen sind. Andere Orte sind völlig verschoben und die alten Maßstäbe passen nicht mehr. Eridion und Rhyat wurden zusammengeschoben, andere weit auseinandergezogen. Diesem Puzzle fehlen einfach zu viele Teile." Seine Stimme war leise und klar. Er wußte, dass Candrisha erheblich bessere Ohren hatte als der Priester selbst.
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Candrisha nickte, wenn auch mehr für sich selbst. "So etwas hatte ich mir bereits gedacht." Enttäuschung und Erleichterung waren ihr in gleichen Teilen anzuhören. Gerne hätte sie gewusst, ob es ihre Heimat noch gab. Gleichzeitig wusste sie, dass es nicht mehr ihre Heimat wäre, selbst wenn das Stück Land noch vorhanden wäre.
Froh über den Themenwechsel lächelte sie wieder. "Ushnuk ist das Land von Candra. Und ebenso wild, frei und schön wie sie selbst. Noch waren wir nicht auf allen Inseln, das würde ich aber auf Dauer gerne ändern. Es gibt keine großen Städte und keinen großen Luxus. Aber alles, was man benötigt. Die Wälder sind alt und gesund, sie bieten Schutz und Nahrung. Obwohl die Ushnuks Fremden gegenüber misstrauisch sind, haben sie uns herzlich aufgenommen. Ich glaube, man findet nirgendwo ein bunteres Volk. Ich könnte dir nicht einmal sagen, welche Rassen sich dort alle vermischt haben." Sie lachte auf. "Und dabei spielt es auch absolut keine Rolle. Es ist etwas, was du bist. Es zählt, wer du bist. Die Wolfsnächte sind dort einfach ein Teil ihres Lebens. Nichts, wovor man sich fürchtet. Nichts, das verurteilt wird." Die Jägerin schüttelte den Kopf. Noch immer konnte sie nicht recht glauben, einen solchen Ort gefunden zu haben. "Ich glaube, es ist wirklich, was wir gesucht hatten."
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RE: Verschobenes Gespräch
in nach dem RC 10 25.03.2024 15:52von Pater_Jonathan • 3.024 Beiträge
"Ich... hmm, ich hatte ein paar Dinge gehört, die einfach keinen Sinn für mich ergeben. Meines bisherigen Wissens nach gab es am Anfang Tarash, Tanes und die Andere, die Schicksalsweberin. Von denen stammen die anderen Götter. Zumindest die meisten, ein paar Ausnahmen gibt es da ja auch. Dass die drei von jenem Wesen geschaffen wurden, welches unsere Welt schuf, war mir zwar neu, aber macht Sinn. Aber, ich habe da einen vierten Namen gehört. Eine weiter Gottheit, die von Anfang an dabei war? Oder habe ich da etwas verwechselt?" Beim Erklären hatte Candrisha mit den Händen gerungen. So vieles hatte sich bereits verändert, seit sie wieder frei war, dass sie als gegeben gesehen hatte. Jetzt auch noch die Geschichte der Götter? Nicht, dass diese nicht unfehlbar waren. Aber ihre Geschichte war doch etwas sehr grundlegendes.
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